47. Ist die kirchliche Dreieinigkeitslehre im Neuen Testament zu finden?

Die Christologie (die Lehre von Christus) ist bereits in den ersten Jahrhunderten der Christenheit herausgearbeitet worden. Die meisten Kirchenväter haben damals geglaubt, dass Jesus GOTT gewesen ist, wenn auch in einem geringeren Maße als der Vater, und dass die Gottheit Jesu vom Vater abzuleiten ist. Über den Heiligen Geist hatten sie allerdings zunächst keine übereinstimmende Meinung. Das alles hat sich dann aber im 4. Jahrhundert geändert. Im Jahre 325 n. Chr. hat das erste ökumenische Konzil der katholischen Kirche in Nicäa offiziell erklärt, dass Jesus genau so wahrer GOTT ist wie der Vater. Allerdings hat man bis zum Konzil in Konstantinopel im Jahre 381 n. Chr. noch keine Übereinstimmung über das Wesen des Heiligen Geistes finden können. Erst dort hat die Kirche mit der Entscheidung, dass der Heilige Geist eine eigenständige dritte Gottperson ist, die Lehre von der Dreieinigkeit Gottes offiziell eingeführt. Die offizielle kirchliche Lehre von der Dreieinigkeit Gottes, die bis zum heutigen Tage für Katholiken, Orthodoxe und Protestanten gleichermaßen gilt, sagt, dass Gott (oder die Gottheit) ein Wesen ist, das aus drei gleichewigen Personen von gleicher Herrlichkeit besteht - dem Vater, dem Sohn (Jesus Christus) und dem Heiligen Geist. Diese Kirchen sind seitdem nicht mehr von diesem Dogma abgewichen und behaupten nun seit gut 1700 Jahren, dass die Menschen an diese Lehre glauben müssen, wenn sie richtige Christen sein wollen. In dem nicänischen Glaubensbekenntnis hat man einen Fluch ("Anathema") über die Menschen ausgesprochen, die nicht an dieser Lehre festhalten wollen und hat sie damit in die Hölle verdammt.

Der presbyterianische Theologe A.A. Hodge, der ein Beispiel für die protestantische Auffassung ist, beteuert, dass "der Glaube an die drei Personen in einer Gottheit heilsnotwendig ist." Und alle diese Traditionalisten behaupten, dass die Bibel diese Lehre unterstützen würde. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Nicht nur, dass die Bibel diese Lehre nicht unterstützt, in ihr ist das Wort "Dreieinigkeit" oder "Trinität" und ähnliches Vokabular überhaupt nicht zu finden. Das legt den Schluss nahe, dass diese Lehre in der Bibel auch nicht enthalten ist.

Viele angesehene christliche Gelehrte gestehen heute ein, dass diese trinitarische Lehre nicht biblisch ist und daher das Urchristentum auch nicht repräsentiert. Der römisch-katholische Theologe Hans Küng fragt in Bezug auf die Bibel: "Warum ist hier nie die Rede von dem ‚dreieinigen Gott‘? … während es im ganzen Neuen Testament den Glauben an GOTT, den Vater, an Jesus den Sohn und an den heiligen Geist GOTTES gibt, gibt es keine Lehre von einem Gott in drei Personen … keine Lehre von einem ‚dreieinigen Gott‘ oder einer ‚Trinität.‘" Weiter beobachtet er: "Wenn wir die Christen der vornicänischen Zeit nach diesem Ereignis im Lichte des Konzils von Nicäa beurteilen wollen, dann sind nicht nur die jüdischen Christen Häretiker gewesen, sondern auch die meisten der griechischen Kirchenväter." Küng folgert: "Die Theologie, die sich in den [ersten sechs ökumenischen] Konzilen manifestiert hat, hat zu einer erheblichen Entfremdung vom Neuen Testament geführt."

Trinitarische Theologen zitieren in der Regel folgende neutestamentliche Stellen, um ihren Standpunkt damit zu untermauern: Matth 28,19; Röm 15,30; 1.Kor 12,4-6; 2. Kor 13,13; Eph 2,18; 4,4+6; 1.Petr 1,2; Judas 20-21. Aber die meisten dieser Theologen geben zu, dass in diesen Versen nur der Vater, der Sohn und der (Heilige) Geist erwähnt werden, ohne den Hinweis, dass sie drei Personen von gleicher Herrlichkeit und gleichen Wesens sind. Viele dieser Theologen würden der Einschätzung Vincent Taylors zustimmen, dass "die Trinität keine ausdrückliche neutestamentliche Lehre ist."

Daher geben auch viele trinitarische Theologen zu, dass ihre Lehre nicht mehr ist als eine Ableitung aus der Schrift. J.N.D. Kelly sagt bezüglich des Neuen Testaments: "Eindeutige trinitarische Bekenntnisse sind selten; wo sie auftauchen, kann man nur wenig auf ihnen aufbauen." Johannes Schneider räumt ein: Das Neue Testament enthält keine ausgestaltete Lehre von der Trinität." Und D.A. Carson gibt zu: "Einzeln für sich betrachtet beweisen diese Verse nicht, dass es irgendein trinitarisches Bewusstsein im Neuen Testament gibt, da auch noch andere ‚dreifache‘ Redewendungen vorkommen."

Ja, so ist es; im Neuen Testament gibt es andere "trinitarische Formeln", in denen zum Beispiel Engel statt des Heiligen Geistes erwähnt werden. Jesus hat von der noch vor uns liegenden Zeit gesprochen,

"wenn er kommen wird in seiner Herrlichkeit und der des Vaters und der heiligen Engel" (Luk 9,26; s.a. Matth 16,27; Mark 8,38).

Er hat auch gesagt:

"Von jenem Tag aber und jener Stunde weiß niemand, auch nicht die Engel in den Himmeln, auch nicht der Sohn, sondern der Vater allein" (Matth 24,36; Mark 13,32).

Und der Apostel Paulus hat geschrieben:

"Ich bezeuge eindringlich vor GOTT und Christus Jesus und den auserwählten Engeln…" (1.Tim 5,21).

Ein grundlegendes philosophisches Argument gegen die Dreieinigkeitslehre ist die Tatsache, dass sie eine abstrakte dreipersonale Gottheit postuliert, die wider alle Natur ist. Deshalb wird dieser dreieinige Gott auch nicht als Person oder Wesen (was diskutiert wird) angesehen. Der Trinitarier C.S. Lewis sagt: "Im Christentum ist Gott … keine Person." In der Tat, - wenn die Dreieinigkeitslehre stimmt, dann muss der Mensch auch aus drei Personen bestehen, weil der Mensch im Bilde GOTTES gemacht worden ist.

Als hauptsächlich logische Argumentation gegen die Dreieinigkeitslehre kann angeführt werden, dass sie widersprüchlich, verwirrend und nicht zu verstehen ist. Sie ist darin widersprüchlich, dass Trinitarier vorgeben, Monotheisten zu sein (Glaube an einen GOTT) und gleichzeitig darauf beharren, dass der Vater, der Sohn und der Heilige Geist eigenständige Personen sind und jeder von Ihnen Gott ist und dass sie doch nicht drei Götter sind.

Trinitarier geben bereitwillig zu, dass ihre Lehre von drei Personen, die einer sind, ein Paradoxon (Widerspruch) und Mysterium (Geheimnis) ist. Viele Juden und Muslime behaupten, dass diese Lehre Tritheismus, die Anbetung von drei Göttern ist. Viele Trinitarier gestehen absurderweise diese Unbegreiflichkeit ein. Wenn sie das tun, dann geben sie zu, dass sie nicht begreifen, was sie eigentlich glauben! Spricht man sie darauf an, dann antworten sie oft schroff, dass diese Lehre nur widersprüchlich zu sein scheint!

Hans Küng versucht unter dem Vorwand, die traditionelle Dreieinigkeitslehre wieder herzustellen, sie wie folgt neu zu definieren:

"Ich versuche es in drei Sätzen zusammenzufassen, was mir vom Neuen Testament her, für heute überlegt, der biblische Kern der traditionellen Trinitätslehre zu sein scheint:

  • An Gott, den Vater, glauben, heißt, an den einen Gott, Schöpfer, Bewahrer und Vollender von Welt und Mensch glauben: Diesen Glauben an den einen Gott haben Judentum, Christentum und Islam gemeinsam.
  • An den Heiligen Geist glauben, heißt, an Gottes wirksame Macht und Kraft in Mensch und Welt glauben: Auch dieser Glaube an Gottes Geist kann Juden, Christen und Muslimen gemeinsam sein.
  • An den Sohn Gottes glauben, heißt, an des einen Gottes Offenbarung im Menschen Jesus von Nazareth glauben, der so Gottes Wort, Bild und Sohn ist."

Hier haben wir eine Wiederherstellung der neutestamentlichen Lehre und ich hätte es selbst nicht besser sagen können.